Sozialhilferegress – Sozialamt kann Schenkungen zurückfordern
Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge werden häufig Schenkungen, insb. Immobilienschenkungen, an die Kinder vorgenommen, um das Erbe bereits „mit warmer Hand“ zu übergeben und durch Ausnutzung der Schenkungssteuerfreibeträge spätere Erbschaftsteuern zu sparen.
Sofern ein Schenker nach Vornahme der Schenkung pflegebedürftig wird, die eigenen finanziellen Mittel für die Kostendeckung nicht mehr ausreichen und auf Sozialleistungen angewiesen ist, kann das Sozialamt die erfolgten Schenkungen wegen der dann bestehenden „Verarmung des Schenkers“ gem. § 528 BGB iVm § 93 SGB XII zurückfordern.
Für das gesetzlich normierte Rückforderungsrecht gilt gem. § 529 Abs. 1 BGB eine 10-Jahres-Frist nach Schenkung. Der Sozialhilfeträger kann die Schenkungen daher nur während der ersten zehn Jahre widerrufen und rückgängig machen. Liegt eine Schenkung länger als zehn Jahre zurück, ist eine Rückforderung nicht mehr möglich.
Im Falle der Rückforderung bei Immobilienschenkungen ist der Beschenkte allerdings nicht automatisch verpflichtet, die Immobilie zurückzuübertragen.Vielmehr hat er die Möglichkeit entsprechende Zahlungen in der Höhe zu leisten, um die Bedürftigkeit des Schenkers zu decken (z.B. der Fehlbetrag bei Unterbringung in einem Pflegeheim). Die Zahlungspflicht ist auf den Wert der Schenkung begrenzt. Leistet der Beschenkte keine Zahlungen, muss die Schenkung allerdings rückgängig gemacht werden.
Um das Rückforderungsrisiko der geltenden 10-Jahres-Frist zu minimieren, sollten beabsichtigte Schenkungen frühzeitig und nicht erst in höherem Alter vorgenommen werden.
Ist die 10-Jahres-Frist verstrichen und hatte sich der Schenker bei einer Immobilienübertragung ein Nießbrauchsrecht vorbehalten, so kann der Sozialhilfeträger jedoch unter bestimmten Umständen eine Verwertung des Nießbrauchsrechts beanspruchen, da dieses Recht (u.a. zur Vermietung der Immobilie) weiterhin zum Vermögen des Schenkers zählt. Zum Ausschluss dieser Verwertungsmöglichkeiten wäre anstelle eines umfassenden Nießbrauchsrecht, welches zwar den Schenker bestmöglich für eine Selbstnutzung oder Fremdvermietung absichert, der Vorbehalt eines beschränkt persönlichen Wohnungsrechts möglich, wenn nur eine Selbstnutzung in Betracht kommen soll.
Neben dem sog. „Sozialhilferegress“ ist der Schenker angehalten, etwaige ihm zustehende Unterhaltsansprüche gegenüber seinem Ehepartner oder seinen Kindern geltend zu machen. Die Kinder des Schenkers können nach aktueller Gesetzeslage nur zum Unterhalt herangezogen werden, wenn sie über ein Jahresbruttoeinkommen von über 100.000,- EUR verfügen. Weitere Verwandte, wie z.B. Geschwister, sind nicht unterhaltspflichtig.