Erbschein

Wann wird ein Erbschein benötigt?

Ein Erbschein ist grundsätzlich erforderlich, um sich als Erbe eines Verstorbenen ausweisen zu können, zum Beispiel gegenüber Banken, Grundbuchamt, Behörden, Mietern oder Vermietern.

Der Erbschein wird vom zuständigen Nachlassgericht auf Antrag gem. § 2353 BGB ausgestellt und enthält neben den Personalien der Erben auch deren Erbquoten. Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer werden nicht im Erbschein aufgeführt. Zuständig ist das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers nach § 343 FamFG.

Sind mehrere Erben vorhanden, wird ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt. Ist nur ein Erbe vorhanden, erhält dieser einen Alleinerbschein.

Es ist auch möglich nur einen Teilerbschein über einen bestimmten Erbanteil zu beantragen, zum Beispiel wenn die übrigen Erben noch unbekannt sind. Sind die Erbquoten nicht sicher zu bestimmen, kann alternativ ein sog. „quotenloser Erbschein“ beantragt werden.

Der Erbschein entfaltet gem. §§ 2365, 2366 BGB die Vermutung seiner inhaltlichen Richtigkeiten und einen öffentlichen Glauben, sodass ein gutgläubiger Vertragspartner bei Vorlage der Ausfertigung des Erbscheins rechtssicher feststellen kann, wer der Erbe geworden ist und wer verfügungsberechtigt ist.

 

Gesetzliche Erbfolge

Bei gesetzlicher Erbfolge ist in der Regel ein Erbschein notwendig, da ansonsten die beteiligten Stellen mangels abschließender Kenntnis der familiären Verhältnisse nicht prüfen können, wer genau der Erbe geworden ist (Verwandte, Ehepartner).

 

Testamentarische Erbfolge

Ergibt sich die Erbfolge eindeutig aus einem Testament kann ein Erbschein ebenfalls entbehrlich sein. Dies kommt auf den genauen Inhalt des Testamentes an und die Zusammensetzung des Nachlasses.
Banken dürfen nach der Rechtsprechung des BGH bei einer zweifelsfreien Erbeinsetzung durch handschriftliches oder notarielles Testament, bzw. Erbvertrag nicht die Vorlage eines Erbscheins verlangen.
Beim Grundbuchamt hingegen kann die Erbfolge nur durch ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag nachgewiesen werden (§ 35 GBO), nicht jedoch durch ein handschriftliches Testament.
Die Erbenstellung ist jeweils entsprechend durch das Testament oder den Erbvertrag in Verbindung mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll zu belegen.

 

Ablieferungspflicht

Damit die Verfügung von Todes wegen eröffnet werden kann, besteht gem. § 2259 BGB eine Ablieferungspflicht für jeden, der ein Testament im Besitz hat, sofern dies nicht zu Lebzeiten des Erblassers besonders beim Gericht hinterlegt wurde. Nach dem Tod des Erblassers sind die Verfügungen unverzüglich beim Nachlassgericht abzuliefern. Dies gilt auch für Kopien von Testamenten und für Schriftstücke, die zwar nicht ausdrücklich als Testament bezeichnet sind, bei denen es sich allerdings möglicherweise um Testamente handeln könnte.

 

Vollmachten mit Wirkung über den Tod hinaus

Ein Erbschein kann unter Umständen entbehrlich sein, wenn eine Nachlassregelung mittels Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht möglich ist, sofern die Vollmachten über den Tod hinaus gelten (postmortale oder transmortale Vollmachten) und eine Befreiung des Bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB (Verbot des Insichgeschäfts) enthalten ist. Bei vorhandenem Grundbesitz oder Unternehmensbeteiligungen bedarf es allerdings zwingend notarieller oder öffentlich beglaubigter Vollmachten.

 

Erbscheinsantrag: Notar oder Nachlassgericht

Das Nachlassgericht stellt einen Erbschein nur auf Antrag eines Erben aus. Die Angaben im Erbscheinsantrag sind zudem eidesstattlich zu versichern. Daher kann der Antrag nur bei einem Notar oder beim Nachlassgericht gestellt werden. Eine Antragstellung per E-Mail oder durch ein einfaches Schreiben genügt nicht.

Sind mehrere Erben vorhanden, kann jeder einzelne Miterbe den Antrag für einen gemeinschaftlichen Erbschein stellen. Der Erbschein muss nicht von allen Miterben beantragt werden. Diese sind jedoch im Erbscheinsverfahren vom Nachlassgericht zumindest postalisch/schriftlich anzuhören.
Stellt nur ein Miterbe den Antrag, kann zur Beschleunigung eine Vollmacht der anderen Miterben vorgelegt werden.

Durch den Erbscheinsantrag nimmt der Erbe die Erbschaft mit allen Rechten und Pflichten sowie etwaigen Schulden an. Eine Erbausschlagung ist dann nicht mehr möglich.

Für die Antragstellung sind in der Regel die standesamtlichen Urkunden (Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden) aller Erben und vorverstorbenen Erben vorzulegen. Die Dokumente werden im Original oder als beglaubigte Abschriften benötigt.

 

Grundbuchberichtigung

Die Grundbuchberichtigung auf die Erben ist 2 Jahre nach dem Erbfall gerichtskostenfrei. Ohne Berichtigungsantrag bleibt der Erblasser im Grundbuch eingetragen und der Erbe kann seine Verfügungsberechtigung nicht durch das Grundbuch nachweisen.

 

Europäisches Nachlasszeugnis

Befindet sich ein Teil des Nachlassvermögens im Ausland, reicht ein Erbschein nach deutschem Recht häufig nicht aus. Bei Vermögenswerten im Europäischen Ausland (mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Groß-Britannien) kann ein europäisches Nachlasszeugnis nach der EU-Erbrechtsverordnung beantragt werden.